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Linz, 31. Juli 2025 (aiz.info)

OÖ Landwirtschaft zieht Zwischenbilanz über Getreide-Ernte 2025

Viel Regen gefährdet Weizenernte

Nach einem relativ kühlen und trockenen Winter konnte sich das Getreide im Frühjahr bis zum Sommer bei optimaler Niederschlagsverteilung sehr gut entwickeln. Einem um 1,5 Grad wärmeren April folgte ein kühler Mai, wodurch das Getreide heuer gesund und ohne Pilzkrankheiten über die Saison gebracht wurde. Die kurze Hitzewelle in der zweiten Junihälfte war geradezu optimal für die Abreife und den Drusch der Wintergerste, welche in wenigen Tagen eingebracht wurde. Aber laufende Niederschläge seit Anfang Juli machen vielerorts den Drusch des bereits reifen Weizens schwierig. Mangels Befahrbarkeit der Felder und schlechter Abtrocknung des Getreides verzögert sich die Ernte über Wochen. Es gilt damit „den Weizen von den Feldern zu stehlen“. 

„Dennoch konnte in den Gunstlagen der Großteil der Ernte bis in die dritte Juliwoche eingebracht werden und dies mit überdurchschnittlichen Erträgen und vorwiegend guten Proteinwerten. Die Ackerbauern sind aufgrund der schwierigen Witterungsbedingungen mit ihren Mähdreschern fast rund um die Uhr für die Getreidequalität im Einsatz. In manchen, vor allem mittleren und höheren Lagen, drohen aber durch die vielen Regenfälle bei Weizen, Roggen und Triticale Qualitätsverluste mit sinkenden Fallzahlen und Auswuchs. Preisabschläge erschweren damit die Wirtschaftlichkeit des Getreidebaus, der ohnehin bereits das dritte Jahr in Folge enorm unter Druck steht“, erläutert Franz Waldenberger, Präsident der Landwirtschaftskammer OÖ.

Globale Rekordernte bei Getreide

Der Internationale Getreiderat (IGC) prognostiziert für 2025/26 mit 2.376 Mio. Tonnen die höchste globale Getreideproduktion (Weizen, Gerste, Mais, Reis) aller Zeiten – getrieben durch Rekordernten bei Weizen (808 Mio. Tonnen, +8 Mio. Tonnen) und Mais (1.276 Mio. Tonnen, +48 Mio. Tonnen) im Vergleich zum Vorjahr. Der Gesamtverbrauch steigt bei der Weltgetreideernte ebenfalls auf 2.376 Mio. Tonnen (+1,5 Prozent), was einer ausgeglichenen globalen Bilanz entspricht. Die Endlagerbestände verharren bei 582 Mio. Tonnen, was 24,49 Prozent des Verbrauchs entspricht (−0,33 Prozentpunkte gegenüber dem Vorjahr). Bei Weizen kann dagegen laut dem Internationalen Getreiderat IGC die Rekordernte von 808 Mio. Tonnen den größeren globalen Verbrauch von 814 Mio. Tonnen nicht decken. 

Heimische Getreidebauern am Weltmarkt in der Defensive

Die Situation am europäischen Getreidemarkt ist komplex; mehrere Faktoren führen dazu, dass die Kostenschere immer weiter auseinander geht. Zum einen ist die europäische Agrarproduktion wegen hoher Umweltauflagen, hoher Energie- und Produktionskosten, einem gegenüber dem Dollar stark gestiegenen Euro und nicht zuletzt wegen der Auswirkungen der Russlandsanktionen massiv unter Druck geraten. 

Die Düngepreise sind der größte Kostentreiber

Die konsequente Abkehr von russischen und weißrussischen Düngemitteln, führte dazu, dass sich die EU massiven Preisaufschlägen der global alternativen Anbieter aussetzt. So kommt bisher mineralischer Phosphordünger entweder aus Russland oder Marokko. Nachdem die EU den Import von russischem Phosphor sanktioniert, bietet Marokko den Phosphor der EU nun um 170 Euro pro Tonne teurer an als beispielsweise Brasilien, das alternativ auch Phosphordünger aus Russland importiert. So kostet die Tonne Diammonphosphat 18/46 im OÖ-Agrarhandel mittlerweile 940 Euro pro Tonne im BigBag. 

Ebenso gehen die Stickstoffimporte aus Russland, die bis zu 30 Prozent der EU- Düngeimporte ausmachen, innerhalb der nächsten drei Jahre gegen Null. Die EU-Kommission hat mit 1. Juli 2025 Importzölle eingeführt, die bis 2028 bei Stickstoffdünger (Harnstoff, Ammoniumnitrat, Calcium-Ammoniumnitrat und Ammoniumsulfat) stufenweise auf 315 Euro pro Tonne und bei Mehrnährstoffdünger (NPK-Dünger, DAP, MAP und NP-Dünger) auf 430 Euro pro Tonne ansteigen. Aus Russland wurde vor allem Harnstoff importiert, der bei so hohen Zollaufschlägen bis 2028 nicht mehr importiert werden kann. Der Harnstoff kommt damit verstärkt aus Ägypten, wo infolge des Irankonflikts die Gas- und Ölpreise in die Höhe gingen und die ägyptischen Harnstoffpreise für österreichische Landwirte Mitte Juni auf 700 Euro pro Tonne in die Höhe schossen.

EU aktiviert ab 1. Jänner 2026 den CO2-Grenzausgleichsmechanismus (CBAM)

Mit Jahresbeginn 2026 werden alle europäischen Dünger, ebenso wie alle in die EU importierten Dünger, mit CO2-Zertifikaten belastet. Eine Tonne NAC entspricht rund 0,9 bis 1 Tonne CO2. Je nach Kurs des Emissionshandels wird sich damit NAC in einem halben Jahr um weitere 80 bis 100 Euro je Tonne verteuern. Neben Dünger werden auch Zement, Strom, Eisen, Stahl und Aluminium der CO2-Bepreisung unterliegen. 

„Es wird erwartet, dass Stickstoff-Dünger allein durch den CO2-Grenzausgleichsmechanismus um rund 20 Prozent und Zement sowie Stahl um rund 15 Prozent teurer werden. Mit diesen Aussichten wird den europäischen Ackerbauern jede Perspektive auf eine Wettbewerbsfähigkeit am internationalen Getreidemarkt genommen“, erläutert Präsident Waldenberger.

Russland und Ukraine beherrschen den Exportmarkt

Die Vorzeichen für die Vermarktung der laufenden Weizenernte stehen schlecht. Russland hat Anfang Juli die seit 2021 eingeführte Exportsteuer bei Weizen auf Null gesetzt und kann damit den Weizen billigst exportieren. So schätzt das Beratungsunternehmen SovEcon die russischen Weizenexporte 2025/26 aufgrund verbesserter Ernteaussichten auf 42,9 Mio Tonnen. Die EU hat 2024/25 nur etwa die Hälfte dieses Ausmaßes exportiert. Russland ist damit mit Abstand der größte Weizenexporteur der Welt. Aufgrund des gegenüber dem Dollar massiv aufgewerteten Euro ist nicht absehbar, dass europäischer Weizen gegenüber russischem Weizen auf den Exportmärkten nach Nordafrika und Asien konkurrenzfähig sein wird. 

Hinzu kommt, dass die Wirtschaft und damit der Konsum in China stark rückläufig ist. China hat bis dato den globalen Rohstoffmarkt regelrecht leergeräumt. So lagert die Hälfte des globalen Weizenbestandes in China, die zweite Hälfte teilt sich der Rest der Welt. Aufgrund des Konsumrückgangs in China wurden allein 2024/25 von den Chinesen rund 20 Mio. Tonnen weniger Weizen importiert. Viele Importaufträge wurden storniert. Ebenso hat Indien aufgrund einer Rekordernte 2025/26 keinen weiteren Importbedarf.

In der EU sind die Tierbestandszahlen und damit der Verbrauch von Futtergetreide, Mais und Ölschroten sowie den DDGS (pelletiertes Futtermittel aus den Resten der Ethanolherstellung) aus der Ethanolproduktion rückläufig. So wächst zwar global weiter der Fleischverbrauch, dies aber wesentlich langsamer als der Anfall von Futtermitteln. Während Pflanzenöle von Raps und Soja gefragt sind, wird es immer schwieriger einen Markt für die bei der Ölerzeugung anfallenden Schrote (Eiweißfuttermittel) zu finden. Dies drückt auf die Preissituation. 

„Die traurige Bilanz ist, dass die europäischen Ackerbauern aufgrund zu vieler Wettbewerbsnachteile gegenüber Agrargiganten wie Brasilien, Russland und Ukraine nicht mehr konkurrenzfähig sind und trotz oder gerade wegen hoher Produktionsstandards immer mehr ins Hintertreffen geraten“, resümiert Waldenberger.

Deckungsbeiträge bei Weizen, mit und ohne Berücksichtigung der Inflation, im Sinkflug

Die Weizen-Deckungsbeiträge sinken seit dem letzten guten Wirtschaftsjahr 2021/22, in dem dieser für Weizen noch rund 2.000 Euro pro Hektar betragen hat. Seither sind die Deckungsbeiträge von Weizen aufgrund fallender Getreidepreise und immer teurer werdender Betriebsmittel laufend gesunken. Aktuell liegt der Deckungsbeitrag für einen guten Ertrag von acht Tonnen Mahlweizenqualität unter 400 Euro pro Hektar.

Von diesem Deckungsbeitrag müssen noch viele weitere Kostenpositionen abgezogen werden: Fixkosten für Maschinen und Gebäude, Pachtkosten, Entlohnung der eigenen Arbeitskraft, Sozialversicherung, etc. „Die Wirtschaftlichkeit von Weizen steht damit stark unter Druck, obwohl wir heuer überdurchschnittliche Erträge erzielen konnten“, so Waldenberger

Der Ackerbau befindet sich in einer sehr kritischen Phase

Trotz einer in Oberösterreich erfreulichen Getreideernte mit überdurchschnittlichen Erträgen, liegen die Deckungsbeiträge bei Weizen um ein Drittel und bei Gerste um zwei Drittel niedriger als im Durchschnitt der Jahre 2017 bis 2021, den Jahren vor den aktuellen, internationalen Krisenherden.

Lediglich die Ölsaaten wie Winterraps und Sojabohne erreichen annähernd die Deckungsbeiträge im Schnitt der Jahre 2017 bis 2021. Winterweizen und Wintergerste sind aber um ein Vielfaches flächenstärker als Winterraps und Sojabohnen, daher tun die schlechten Deckungsbeiträge bei Getreide besonders weh. Auch ohne Berücksichtigung der Inflation liegen die Deckungsbeiträge für Weizen und Gerste deutlich unter dem Niveau von 2017 bis 2021.

Ackerbauern setzen auf AMA-Gütesiegel Ackerfrüchte

Der Weltmarkt lässt sich kaum beeinflussen, aber es wurde in Österreich nun auch für heimisches Getreide eine Vermarktungsmöglichkeit mit Preisaufschlägen für eine kontrollierte Produktion mit 100 Prozent österreichischer Herkunft und intensiver Beteiligung am Umweltprogramm ÖPUL geschaffen. Das AMA-Gütesiegel bietet die Chance, dass Marktfruchtbetriebe für die Vermarktung von Mahlweizen, Dinkel oder Roggen einen kleinen Zuschlag bekommen, der beim Konsumenten einen klaren Mehrwert bringt, aber finanziell beim Endprodukt (Brot, Gebäck) kaum spürbar ist. 

Österreichweit sind heuer 300 weitere Ackerbaubetriebe ins AMA Gütesiegel Ackerfrüchte eingestiegen. Drei Viertel davon, nämlich 230 Neueinsteiger stammen allein aus OÖ, die so weitere 2.000 Hektar eingebracht haben. Damit haben in Oberösterreich 1.470 Ackerbauern für die Weizenernte 2025 insgesamt 11.000 Hektar AMA-Gütesiegel-Weizen mit einem Potential von 90.000 bis 100.000 Tonnen unter Vertrag. Diese Fläche entspricht in Oberösterreich knapp einem Viertel der Weichweizenfläche. Ein großer Teil der restlichen Weizenfläche wird in unserem Bundesland über die Tierhaltung verfüttert. Österreichweit nehmen aktuell 6.900 Getreidebauern mit 78.000 Hektar am AMA-Gütesiegel teil, 80 Prozent aus dem flächenstarken Niederösterreich.

Seit 1. Jänner 2025 sind zum AMA-Gütesiegel alle erforderlichen Richtlinien für die gesamte Wertschöpfungskette in Kraft. Österreichweit stellt die Landwirtschaft mittlerweile 450.000 Tonnen Gütesiegelweizen unter kontrolliertem Anbau zur Verfügung und die Getreidebauern erwarten sich gerade bei der aktuell niedrigen Preissituation Zuschläge. 

„Faktum ist, dass jetzt der Lebensmittelhandel und die Bäckereien gefordert sind, diese Initiative der heimischen Getreidebauern zu unterstützen und Programme zum AMA-Gütesiegel bei Mehl, Brot und Gebäck verstärkt zu platzieren. Es scheitert jedenfalls nicht am Angebot an Gütesiegel Getreide durch die Bauern und ebenso nicht an der intensiven, medialen Bewerbung durch die AMA-Marketing. Die Konsumenten legen laut Umfragen der AMA-Marketing zu 79 Prozent Wert auf eine gesicherte österreichische Herkunft des Getreides bei Brot und Gebäck. Wir erwarten, dass der Lebensmittelhandel ein Bekenntnis zur heimischen Getreideproduktion ablegt, welche aktuell durch die internationale Lage massiv an Wettbewerbsfähigkeit verliert“, unterstreicht Waldenberger.

Risikoabsicherung: Private Public Partnership ist ein Erfolgsmodell

Dank des Know-hows der Österreichischen Hagelversicherung als führendem agrarischem Spezialversicherer ist die oberösterreichische Landwirtschaft im Risikomanagement bestens abgesichert. Landwirte erhalten 55 Prozent der Prämie aus öffentlichen Mitteln. Diese Kombination aus öffentlicher Unterstützung und Eigenvorsorge ist angesichts zunehmender Wetterextreme unverzichtbar – ein Trend, der sich auch international zeigt.

„Jedenfalls müssen auch Maßnahmen getroffen werden, um den Klimawandel und die in Folge an Häufigkeit und Intensität zunehmenden Wetterkapriolen zu bremsen. Zur Absicherung des Agrarstandortes gehören auch Maßnahmen, um den Bodenverbrauch zu bremsen. Andernfalls gefährden wir gerade in einem Bundesland wie Oberösterreich mit ertragreichen Böden und professionellen Bewirtschaftern die Zukunft einer starken und regionalen Landwirtschaft und damit auch die heimische Lebensmittelversorgung. Ein umfassend geschützter Agrarstandort ist aber auch angesichts der Landschafts- und Kulturpflege für den Tourismus unverzichtbar“, ist Waldenberger überzeugt.

Verschiebungen der Anbauflächen bei den wichtigsten Kulturen

Vergleicht man die Anbauflächen von Getreide im Jahr 2025 mit denen des Vorjahres, zeigt sich bei allen Wintergetreidearten ein leichter Rückgang, besonders deutlich mit minus vier Prozent bei Roggen. Im Gegensatz dazu sind die Sommergetreideflächen im Vergleich zu 2024 wieder leicht angestiegen. Betrachtet man den mehrjährigen Trend, bleiben die Getreideflächen in Oberösterreich aber mit insgesamt 168.808 Hektar weitgehend konstant. 

„Einen besonders deutlichen Rückgang gibt es bei den Zuckerrübenflächen, wo die Anbaufläche heuer wegen eines massiven Einbruchs der Zuckerpreise um 37 Prozent gesunken ist. Die Ackerbauern setzen verstärkt auf Körnermais, der mit einem Flächenzuwachs von sechs Prozent einen neuen Höchstwert erreicht. Besonders stark ausgeweitet wurden zudem die Anbauflächen von Sojabohne mit zehn Prozent und Ölkürbis mit 23 Prozent“, erläutert Helmut Feitzlmayr, Leiter der Abteilung Pflanzenbau in der Landwirtschaftskammer OÖ. 

Interessant ist, dass der Rapsanbau in Oberösterreich gegen den Bundestrend wieder einen leichten Anstieg verzeichnet. Auf 6.800 Hektar ernten Oberösterreichs Rapsbauern aufgrund des guten Ertragsniveaus mittlerweile 40 Prozent der österreichischen Rapsproduktion. Als Hauptgrund gilt die aktuelle Preissituation, die viele Landwirte in Oberösterreich dazu veranlasst hat, verstärkt auf Ölsaaten wie Sojabohne, Raps oder Ölkürbis umzusteigen.

Getreideproduktion – Plus sechs Prozent in Oberösterreich

Die Getreideproduktion in Oberösterreich liegt im Jahr 2025 um rund sechs Prozent über dem fünfjährigen Durchschnitt. Verantwortlich dafür sind vor allem die guten Erträge bei den beiden flächenstärksten Kulturen Winterweizen und Wintergerste. Bei Winterweizen konnte ein Produktionszuwachs von zehn Prozent und bei Wintergerste von acht Prozent erzielt werden. Im Gegensatz dazu ist die Erntemenge bei Roggen und Triticale leicht zurückgegangen, was vor allem auf die rückläufige Anbaufläche dieser Kulturen zurückzuführen ist. Beim Raps konnten heuer mit einem Produktionszuwachs von sechs Prozent gute Erträge verzeichnet werden. 

Für die Herbsternte wird bei Körnermais gegenüber dem fünfjährigen Durchschnitt eine um neun Prozent höhere Produktion prognostiziert. Besonders stark fällt die Erwartung bei der Sojabohne aus, hier wird mit einer Mehrproduktion von 23 Prozent gerechnet. Damit produziert Oberösterreich aufgrund des hohen Ertragsniveaus bereits rund ein Drittel der österreichischen Sojaproduktion. Grund für diese positiven Aussichten sind sowohl die gestiegene Anbaufläche als auch die günstigen Wachstumsbedingungen für Soja und Mais in den vergangenen Monaten.

Näheres zu den Witterungsbedingungen und den detaillieren Ernteergebnissen in Oberösterreich auch am Grünland, im Bio-Ackerbau oder im Obst- und Gemüsebau sowie ein Ausblick auf die Herbsternte ist unter ooe.lko.at zu finden. (Schluss)
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