GAP Reform 2028 - Systemumstellung mit gefährlichen Folgen
LK OÖ fordert Beibehaltung des gemeinschaftlichen Ansatzes in der EU-Agrarpolitik
Die im Sommer von der EU-Kommission präsentierten Vorschläge zur Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) ab 2028 und zum neuen Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) würden eine fundamentale Systemumstellung bedeuten. Statt einer evolutionären Weiterentwicklung der bestehenden Strukturen plant Brüssel eine komplette Neuordnung – mit gravierenden Risiken für die bäuerliche Landwirtschaft in Österreich. Die geplante Zusammenführung der bisherigen Agrarfonds mit anderen Fonds in einen allgemeinen „Single Fund“ ohne klare Zweckbindung gefährdet zentrale agrarpolitische Errungenschaften wie das Agrarumweltprogramm ÖPUL und die Bergbauern-Ausgleichszulage. „Die GAP darf nicht zur Verhandlungsmasse werden, in dem die Landwirtschaft national mit anderen Sektoren um Mittel konkurrieren muss. Wir brauchen klare Zweckbindungen, ein eigenständiges Agrarbudget und eine verlässliche Struktur – sonst steht die Zukunft unserer bäuerlichen Familienbetriebe auf dem Spiel“, warnt Landwirtschaftskammer Oberösterreich-Präsident Franz Waldenberger.
Große Ankündigungen – und trotzdem große Kürzungen
Am 16. Juli 2025 hat die Europäische Kommission ihren Vorschlag für den nächsten Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) für den Zeitraum 2028 bis 2034 veröffentlicht. Dieser sieht eine deutliche Erhöhung des EU-Budgets um rund 64 Prozent auf insgesamt etwa 1.985 Milliarden Euro vor, was etwa 1,26 Prozent der prognostizierten EU-Wirtschaftsleistung entspricht. Trotz der politischen Beteuerungen, Landwirtschaft als „strategischen Sektor mit großen Herausforderungen“ zu behandeln, sieht der Vorschlag jedoch eine Kürzung der Mittel für die GAP um mindestens 20 Prozent vor - konkret soll das Agrarbudget auf rund 300 Milliarden Euro sinken. „Diese Kürzungen sind nicht akzeptabel. Die Leistungen der bäuerlichen Betriebe für Umwelt, Klima und Versorgungssicherheit müssen weiterhin gezielt und verlässlich abgegolten werden“, so Waldenberger.
Eigenständige Agrarbudgets absolut unverzichtbar
Neben der Budgethöhe ist vor allem die geplante Strukturreform von grundlegender Bedeutung. Die Kommission schlägt vor, mehrere bisher eigenständige Politikbereiche – darunter die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP), die Kohäsionspolitik sowie Maßnahmen in den Bereichen Migration und Sicherheit – in einem Einzelfonds zusammenzuführen. Dieser europäische Fonds für wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalt, Landwirtschaft, ländlichen und maritimen Wohlstand sowie Sicherheit soll künftig über einen Nationalen und Regionalen Partnerschaftsplan (NRPP) verwaltet werden. Die GAP soll künftig kein eigenständiger Fonds mehr sein. Die bewährte Zwei-Säulen-Struktur – Direktzahlungen und ländliche Entwicklung – wird aufgelöst. Damit droht der Verlust jener Instrumente, die für Österreichs kleinstrukturierte, multifunktionale Landwirtschaft essenziell sind. Die neue Struktur sieht vor, dass Agrarförderungen künftig im Rahmen nationaler und regionaler Partnerschaftspläne (NRPP) verhandelt werden – gemeinsam mit anderen Politikbereichen. Es droht ein Verteilungskampf um die nicht zweckgewidmeten Mittel, welche immerhin 52 Prozent des Budgets der neuen nationalen und regionalen Partnerschaftspläne ausmachen. Zusätzliche Gelder für die Landwirtschaft außerhalb der Zweckbindung zu lukrieren wäre laut Experten „mehr als fraglich“.
„Die Abschaffung der zweiten Säule ist ein direkter Angriff auf das Herzstück unserer Agrarpolitik. Die Ausfinanzierung von Programmen wie ÖPUL und der Bergbauernförderung ist damit akut gefährdet. Die EU-Kommission drückt sich mit dem Vorschlag vor ihrer Verantwortung, notwendige politische Prioritäten zu setzen“, erklärt Waldenberger.
Renationalisierung und Wettbewerbsverzerrung gefährden europäische Integration
Die Gemeinsame Agrarpolitik stellt bisher einen zentralen Kern der EU-Integration dar. Damit sichert diese in der EU eine flächendeckende Landbewirtschaftung als zentrale Grundlage für eine hohe Lebensqualität der EU-Bevölkerung und für einen funktionierenden Tourismus. Gleichzeitig sichert die GAP die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit der EU-Land- und Lebensmittelwirtschaft, sodass sich die EU in den letzten Jahren zum weltweit führenden Agrar- und Lebensmittelexporteur mit einem jährlichen Exportüberschuss von 60 bis 70 Milliarden Euro entwickeln konnte. Mit der nunmehr vorgeschlagenen verstärkten Renationalisierung der Agrarpolitik wird diese mühsam erarbeitete Position am Weltmarkt nachhaltig in Frage gestellt. Die geplante Renationalisierung der GAP führt dazu, dass Förderhöhen künftig bilateral zwischen EU-Kommission und Mitgliedstaaten verhandelt werden. Damit hängt die Agrarförderung vom politischen Willen einzelner Regierungen ab – und nicht mehr von gemeinsamen europäischen Standards.
„Das ist ein gefährliches Spiel mit der Wettbewerbsfähigkeit bäuerlicher Betriebe. Wir brauchen mehr europäischen Gleichklang – nicht weniger“, warnt Waldenberger.
Fehlende Einbeziehung und steigende Komplexität
Die Vorschläge wurden ohne umfassende Konsultation mit dem Sektor und ohne wirtschaftliche Folgenabschätzung präsentiert. Die Rolle bäuerlicher Vertreter in der Umsetzung bleibt unklar. Gleichzeitig steigt die Komplexität durch 27 nationale Partnerschaftspläne und einen langwierigen Genehmigungsprozess – mit dem Risiko von Zahlungsverzögerungen.
„Die EU-Kommission hat Vereinfachung versprochen – und plant nun die größte Vereinfachung für sich selbst, indem sie Verantwortung abschiebt. Das ist keine Partnerschaft, sondern ein Rückzug aus der politischen Verantwortung“, so Waldenberger.
Klare Korrekturen notwendig
Die GAP-Reform 2028 ist kein behutsamer Reformschritt, sondern eine tiefgreifende Systemumstellung mit weitreichenden Folgen für die bäuerliche Landwirtschaft in Österreich und Europa. Die bisherige Struktur der Gemeinsamen Agrarpolitik – mit klaren Zuständigkeiten, zweckgebundenen Mitteln und einer starken europäischen Verankerung – soll durch ein komplexes, national fragmentiertes System ersetzt werden. Damit droht nicht nur ein Verlust an Planungssicherheit, sondern auch eine Schwächung der gemeinsamen agrarpolitischen Identität Europas und insbesondere auch des EU-Binnenmarktes.
Die Landwirtschaftskammer Oberösterreich fordert daher mit Nachdruck:
Ein ausreichendes Budget, das den gestiegenen Anforderungen und Kosten Rechnung trägt – inklusive einer Inflationsanpassung.
Eine klare Zweckbindung der Mittel für agrarische Kernbereiche wie das Agrarumweltprogramm ÖPUL, die Bergbauern-Ausgleichszulage und agrarische Investitionen.
Keine Renationalisierung, sondern eine weiterhin gemeinschaftlich organisierte Agrarpolitik, die faire Wettbewerbsbedingungen im Binnenmarkt garantiert.
Eine spürbare Entbürokratisierung, die den bäuerlichen Betrieben echte Erleichterung bringt – statt zusätzlicher administrativer Belastung.
Die Einbindung der Landwirtschaft in alle Verhandlungs- und Umsetzungsprozesse – denn die Betroffenen müssen mitreden können, wenn über ihre Zukunft entschieden wird.
„Es ist erfreulich, dass die zentralen Forderungen der Landwirtschaftskammer Oberösterreich – insbesondere die Absicherung der österreichischen Agrarfinanzierung – von Bundeskanzler Christian Stocker und Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig aktiv unterstützt werden. Ihre Positionierung zeigt, dass die Anliegen der bäuerlichen Betriebe in der Bundesregierung Gehör finden und mit entsprechender Entschlossenheit vertreten werden. Vor unserer Bundesregierung und vor uns als Bauernvertretung liegt jedoch ein harter politischer Verhandlungsprozess, um am Ende doch noch zu einem für die Bauern wirtschaftlich machbaren Ergebnis zu kommen. Die GAP muss gestärkt und nicht geschwächt werden. Wir brauchen eine Agrarpolitik, die den bäuerlichen Betrieben Perspektiven bietet – nicht neue Unsicherheiten“, betont Präsident Waldenberger abschließend. (Schluss)
Große Ankündigungen – und trotzdem große Kürzungen
Am 16. Juli 2025 hat die Europäische Kommission ihren Vorschlag für den nächsten Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) für den Zeitraum 2028 bis 2034 veröffentlicht. Dieser sieht eine deutliche Erhöhung des EU-Budgets um rund 64 Prozent auf insgesamt etwa 1.985 Milliarden Euro vor, was etwa 1,26 Prozent der prognostizierten EU-Wirtschaftsleistung entspricht. Trotz der politischen Beteuerungen, Landwirtschaft als „strategischen Sektor mit großen Herausforderungen“ zu behandeln, sieht der Vorschlag jedoch eine Kürzung der Mittel für die GAP um mindestens 20 Prozent vor - konkret soll das Agrarbudget auf rund 300 Milliarden Euro sinken. „Diese Kürzungen sind nicht akzeptabel. Die Leistungen der bäuerlichen Betriebe für Umwelt, Klima und Versorgungssicherheit müssen weiterhin gezielt und verlässlich abgegolten werden“, so Waldenberger.
Eigenständige Agrarbudgets absolut unverzichtbar
Neben der Budgethöhe ist vor allem die geplante Strukturreform von grundlegender Bedeutung. Die Kommission schlägt vor, mehrere bisher eigenständige Politikbereiche – darunter die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP), die Kohäsionspolitik sowie Maßnahmen in den Bereichen Migration und Sicherheit – in einem Einzelfonds zusammenzuführen. Dieser europäische Fonds für wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalt, Landwirtschaft, ländlichen und maritimen Wohlstand sowie Sicherheit soll künftig über einen Nationalen und Regionalen Partnerschaftsplan (NRPP) verwaltet werden. Die GAP soll künftig kein eigenständiger Fonds mehr sein. Die bewährte Zwei-Säulen-Struktur – Direktzahlungen und ländliche Entwicklung – wird aufgelöst. Damit droht der Verlust jener Instrumente, die für Österreichs kleinstrukturierte, multifunktionale Landwirtschaft essenziell sind. Die neue Struktur sieht vor, dass Agrarförderungen künftig im Rahmen nationaler und regionaler Partnerschaftspläne (NRPP) verhandelt werden – gemeinsam mit anderen Politikbereichen. Es droht ein Verteilungskampf um die nicht zweckgewidmeten Mittel, welche immerhin 52 Prozent des Budgets der neuen nationalen und regionalen Partnerschaftspläne ausmachen. Zusätzliche Gelder für die Landwirtschaft außerhalb der Zweckbindung zu lukrieren wäre laut Experten „mehr als fraglich“.
„Die Abschaffung der zweiten Säule ist ein direkter Angriff auf das Herzstück unserer Agrarpolitik. Die Ausfinanzierung von Programmen wie ÖPUL und der Bergbauernförderung ist damit akut gefährdet. Die EU-Kommission drückt sich mit dem Vorschlag vor ihrer Verantwortung, notwendige politische Prioritäten zu setzen“, erklärt Waldenberger.
Renationalisierung und Wettbewerbsverzerrung gefährden europäische Integration
Die Gemeinsame Agrarpolitik stellt bisher einen zentralen Kern der EU-Integration dar. Damit sichert diese in der EU eine flächendeckende Landbewirtschaftung als zentrale Grundlage für eine hohe Lebensqualität der EU-Bevölkerung und für einen funktionierenden Tourismus. Gleichzeitig sichert die GAP die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit der EU-Land- und Lebensmittelwirtschaft, sodass sich die EU in den letzten Jahren zum weltweit führenden Agrar- und Lebensmittelexporteur mit einem jährlichen Exportüberschuss von 60 bis 70 Milliarden Euro entwickeln konnte. Mit der nunmehr vorgeschlagenen verstärkten Renationalisierung der Agrarpolitik wird diese mühsam erarbeitete Position am Weltmarkt nachhaltig in Frage gestellt. Die geplante Renationalisierung der GAP führt dazu, dass Förderhöhen künftig bilateral zwischen EU-Kommission und Mitgliedstaaten verhandelt werden. Damit hängt die Agrarförderung vom politischen Willen einzelner Regierungen ab – und nicht mehr von gemeinsamen europäischen Standards.
„Das ist ein gefährliches Spiel mit der Wettbewerbsfähigkeit bäuerlicher Betriebe. Wir brauchen mehr europäischen Gleichklang – nicht weniger“, warnt Waldenberger.
Fehlende Einbeziehung und steigende Komplexität
Die Vorschläge wurden ohne umfassende Konsultation mit dem Sektor und ohne wirtschaftliche Folgenabschätzung präsentiert. Die Rolle bäuerlicher Vertreter in der Umsetzung bleibt unklar. Gleichzeitig steigt die Komplexität durch 27 nationale Partnerschaftspläne und einen langwierigen Genehmigungsprozess – mit dem Risiko von Zahlungsverzögerungen.
„Die EU-Kommission hat Vereinfachung versprochen – und plant nun die größte Vereinfachung für sich selbst, indem sie Verantwortung abschiebt. Das ist keine Partnerschaft, sondern ein Rückzug aus der politischen Verantwortung“, so Waldenberger.
Klare Korrekturen notwendig
Die GAP-Reform 2028 ist kein behutsamer Reformschritt, sondern eine tiefgreifende Systemumstellung mit weitreichenden Folgen für die bäuerliche Landwirtschaft in Österreich und Europa. Die bisherige Struktur der Gemeinsamen Agrarpolitik – mit klaren Zuständigkeiten, zweckgebundenen Mitteln und einer starken europäischen Verankerung – soll durch ein komplexes, national fragmentiertes System ersetzt werden. Damit droht nicht nur ein Verlust an Planungssicherheit, sondern auch eine Schwächung der gemeinsamen agrarpolitischen Identität Europas und insbesondere auch des EU-Binnenmarktes.
Die Landwirtschaftskammer Oberösterreich fordert daher mit Nachdruck:
Ein ausreichendes Budget, das den gestiegenen Anforderungen und Kosten Rechnung trägt – inklusive einer Inflationsanpassung.
Eine klare Zweckbindung der Mittel für agrarische Kernbereiche wie das Agrarumweltprogramm ÖPUL, die Bergbauern-Ausgleichszulage und agrarische Investitionen.
Keine Renationalisierung, sondern eine weiterhin gemeinschaftlich organisierte Agrarpolitik, die faire Wettbewerbsbedingungen im Binnenmarkt garantiert.
Eine spürbare Entbürokratisierung, die den bäuerlichen Betrieben echte Erleichterung bringt – statt zusätzlicher administrativer Belastung.
Die Einbindung der Landwirtschaft in alle Verhandlungs- und Umsetzungsprozesse – denn die Betroffenen müssen mitreden können, wenn über ihre Zukunft entschieden wird.
„Es ist erfreulich, dass die zentralen Forderungen der Landwirtschaftskammer Oberösterreich – insbesondere die Absicherung der österreichischen Agrarfinanzierung – von Bundeskanzler Christian Stocker und Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig aktiv unterstützt werden. Ihre Positionierung zeigt, dass die Anliegen der bäuerlichen Betriebe in der Bundesregierung Gehör finden und mit entsprechender Entschlossenheit vertreten werden. Vor unserer Bundesregierung und vor uns als Bauernvertretung liegt jedoch ein harter politischer Verhandlungsprozess, um am Ende doch noch zu einem für die Bauern wirtschaftlich machbaren Ergebnis zu kommen. Die GAP muss gestärkt und nicht geschwächt werden. Wir brauchen eine Agrarpolitik, die den bäuerlichen Betrieben Perspektiven bietet – nicht neue Unsicherheiten“, betont Präsident Waldenberger abschließend. (Schluss)
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